
28.12.2025 16:29 – Reto Naegeli
Die Transparenz im National- und Ständerat stagniert. 56 Prozent aller Ratsmitglieder legen gegenüber Lobbywatch zwar mindestens die Entschädigung eines Mandates offen. Jedoch nur 27 Prozent machen alle ihre Einkünfte transparent. Und 44 Prozent der Parlamentsmitglieder legen gar nichts offen. Damit verharrt die Transparenz auf dem Niveau der letzten Erhebung von Anfang 2024.
Bild: Pascal Mora, Parlamentsdienste
Peter Schilliger hat neben seinem Amt als Nationalrat, das einer Arbeitsbelastung von knapp 90 Prozent entspricht1, 20 bezahlte Nebenjobs. Bei 19 dieser Mandate schweigt Schilliger auf Anfrage von Lobbywatch zur Höhe der Entschädigung. Lediglich beim Verwaltungsratsmandat der Kursaal-Casino AG ist eine Jahresentschädigung von 500 Franken öffentlich bekannt. Was Einkünfte betrifft, ist der Luzerner FDP-Politiker damit der intransparente Bundespolitiker. Gefolgt wird er von Mitte-Ständerat Erich Ettlin.
In den Top-Ten der intransparentesten Politiker finden sich acht Ständeräte und zwei Nationalräte. Die Mitte ist mit fünf Politikern vertreten, die FDP mit vier und die SP mit einem Ständerat und die Intransparenz-Top-Ten sind eine reine Männerangelegenheit.
Die ernüchternde Bilanz
Lobbywatch ist überzeugt: Bürger:innen müssen bei ihrem Wahlentscheid wissen, welche Politiker:innen von wem Geld für Interessenvertretung erhalten – und wie viel. Genau diese Frage steht im Zentrum des vorliegenden Transparenzberichts: Legen Ratsmitglieder offen, wie viel sie mit ihren Nebenmandaten verdienen? Die Antwort ist ernüchternd. Die Transparenz im National- und Ständerat stagniert. 44 Prozent aller Parlamentsmitglieder legen gar keine Mandatseinkünfte offen. Nur 27 Prozent gewähren vollständige Einblicke. Die restlichen 29 Prozent geben Bruchstücke preis: ein Mandat hier, zwei dort – während der Rest im Dunkeln bleibt.
Genau diese Frage steht im Zentrum des vorliegenden Transparenzberichts: Legen Ratsmitglieder offen, wie viel sie mit ihren Nebenmandaten verdienen? Die Antwort ist ernüchternd. Die Transparenz im National- und Ständerat stagniert. 44 Prozent aller Parlamentsmitglieder legen gar keine Mandatseinkünfte offen. Nur 27 Prozent gewähren vollständige Einblicke. Die restlichen 29 Prozent geben Bruchstücke preis: ein Mandat hier, zwei dort – während der Rest im Dunkeln bleibt.
Diese Zahlen sind das Ergebnis einer Befragung aller Parlamentsmitglieder durch Lobbywatch im Sommer 2025. In der Auswertung hat Lobbywatch erstmals unterschieden, ob Abgeordnete ihre Vergütungen vollständig oder teilweise offenlegen.
Die bisherige Berechnung der Transparenzquote fasste diese zwei Quoten zusammen und nach dieser Zählweise liegt die aktuelle Erhebung mit 56 Prozent praktisch gleichauf mit dem letzten Transparenzbericht von Anfang 2024 (58 Prozent). Die neue, differenzierte Betrachtung zeigt jedoch: Nur eine Minderheit ist vollständig transparent.
Mangelnde gesetzliche Bestimmungen
Aktuell müssen die Parlamentsmitglieder laut Gesetz nur angeben, was sie für Mandate haben und ob sie bezahlt oder ehrenamtlich sind. Die genauen Beträge bleiben geheim – es sei denn, die Ratsmitglieder entscheiden sich freiwillig, Transparenz zu schaffen.
Die Staatengruppe gegen Korruption des Europarates (GRECO) kritisiert die mangelnde Transparenz seit Jahren. Doch die Politik reagiert nicht: Im Mai 2024 lehnte der Ständerat eine Initiative der ehemaligen Genfer Ständerätin Lisa Mazzone (Grüne) ab, die Parlamentarier:innen zur Offenlegung ihrer Nebeneinkünfte in Spannbreiten verpflichtet hätte.
Die Grünen transparent, die FDP verschlossen
Die Unterschiede unter den Parteien sind gross. An der Spitze stehen die Grünen: 88 Prozent ihrer Abgeordneten deklarieren Einkünfte ganz oder teilweise, 68 Prozent sogar vollständig. Auch die SP liegt mit 77 Prozent und 51 Prozent deutlich über dem Durchschnitt.
Die bürgerlichen Parteien hinken hinterher. Die FDP bildet das Schlusslicht: Kein einziges ihrer Fraktionsmitglieder legt alle Einkünfte offen, nur jedes dritte deklariert überhaupt etwas. Die Mitte erreicht eine totale Transparenzquote von 13 Prozent, immerhin 48 Prozent legen einen Teil ihrer Vergütungen offen. Die SVP hat sich zwar verbessert – 48 Prozent legen alles oder einen Teil ihres Einkommens offen –, liegt bei der vollständigen Offenlegung aber nur bei 19 Prozent.
Bemerkenswert ist die neue Verschlossenheit der GLP: Ganze 58 Prozent ihrer Fraktionsmitglieder deklarieren gegenüber Lobbywatch keine Mandatsvergütungen, vollständig transparent sind nur ein Drittel.
Frauen offener als Männer
Ein klares Muster zeigt sich beim Geschlecht: 62 Prozent der Parlamentarierinnen deklarieren ihre Vergütungen ganz oder teilweise, bei den Männern sind es nur 51 Prozent. Noch deutlicher wird es bei der vollständigen Transparenz: Ein Drittel der Frauen legt alle Einkünfte offen, aber nur ein Viertel der Männer tun dies. Fast die Hälfte aller männlichen Ratsmitglieder schweigt komplett zu ihren Mandatsvergütungen.
Kantonale Unterschiede: Bern und Jura transparent, Innerschweiz verschlossen
Auch die kantonalen Unterschiede sind gross, passen aber nicht in die gängigen Schubladen wie Stadt-Land oder Röstigraben. Die konservativen Innerschweizer Kantone Nidwalden, Obwalden und Schwyz sind eine Blackbox: Alle 10 Parlamentarier:innen aus diesen Kantonen schweigen komplett. Die bevölkerungsreichen Kantone Zürich und Aargau befinden sich im Mittelfeld. Am transparentesten sind die Kantone Bern und Jura.
Jung und Alt sind offen – die Fünfziger mauern
Beim Alter zeigt sich eine überraschende Transparenz-Allianz: Die über 70-Jährigen sind mit zwei Dritteln vollständiger Transparenz an der Spitze. Die unter 40-Jährigen folgen mit 43 Prozent. Zwischen diesen beiden Polen klaffen die Fünfziger: Nur 25 Prozent legen alle Einkünfte offen, über die Hälfte schweigt komplett.
Wirtschaftsmandate dominieren
Fast jedes zweite bezahlte Mandat stammt aus der Wirtschaft: 457 von insgesamt 1094. Staatspolitik/Staatswirtschaft (105) und Verkehr (101) folgen weit abgeschlagen. Umwelt, Kultur und Sport spielen kaum eine Rolle.
Die politische Ausrichtung wirkt sich auf die Mandatsverteilung aus: Die drei bürgerlichen Fraktionen (SVP, Mitte, FDP) halten 836 bezahlte Mandate – satte 76 Prozent. Die Ratslinke (SP, Grüne) und die GLP kommen zusammen auf nur 258.
Pro Kopf liegt die FDP vorne: 6,3 bezahlte Mandate pro Sitz. Dicht gefolgt von der Mitte mit 6,1. Die SP hat die wenigsten Nebenjobs mit nur 2,7 Mandaten pro Sitz, die Grünen kommen auf 3.
Die intransparentesten Politiker
Am intransparentesten ist der Luzerner FDP-Nationalrat Peter Schilliger mit 20 bezahlten Mandaten, von denen er nur eines offenlegt. Er sitzt in der Gewerbekammer des Gewerbeverbands und hat allein acht bezahlte Mandate im Baugewerbe.
Auf Platz zwei folgt der Obwaldner Mitte-Ständerat Erich Ettlin mit 15 intransparenten Mandaten – darunter Verwaltungsratsmandate bei Krankenkassen, ein Vorstandssitz bei ExpertSuisse und vier bezahlte Mandate in der Immobilienbranche.
Den dritten Platz belegt Lorenz Hess (Mitte, BE) mit 16 bezahlten Nebenjobs, wobei zehn davon bei der Visana Gruppe sind und gemeinsam vergütet werden. Hess argumentiert, dass seine Mandate bei Verschiedenen Gesellschaften der Visana-Gruppe als eines gezählt werden müssten und legt gegenüber Lobbywatch bloss zwei Mandate offen.
Freiwillige Transparenz hat seine Grenzen
Die Zahlen zeigen: Freiwillige Transparenz hat einen schweren Stand. Solange es keine gesetzliche Verpflichtung gibt, werden viele der Parlamentsmitglieder weiterhin ihre Nebeneinkünfte nicht offenlegen.
Lobbywatch fordert eine Offenlegungspflicht: Bürger:innen haben ein Recht darauf zu wissen, wie viel ihre Parlamentarier:innen von Lobbys, Unternehmen und anderen Auftraggebern verdienen.
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